Weisstanne: Tausendsassa mit Nadeln

Die Weisstanne hat viele nützliche Eigenschaften: Unter anderem schützen ihre massiven, widerstandsfähigen Stämme und ihr tiefes Wurzelwerk vor Erdrutschen, Steinschlägen und Lawinen. Darüber hinaus wird ihr Holz geschätzt und sie ist gleichzeitig Nahrungsquelle und Lebensraum für viele Waldbewohner. In den letzten 100 Jahren hat sich ihr Vorkommen in der Schweiz aber praktisch halbiert.

Artportrait der Weisstanne

Artname

Weisstanne (D), Sapin blanc (F), Abete bianco (I), Abies alba (Lat.)
Familie Kieferngewächse

Grösse

bis zu 65 m hoch mit einem Stammumfang von rund 6 m, in seltenen Fällen 12 m
Lebenserwartung 500 bis 600 Jahre  
Holzbeschaffenheit von geringer Dichte und guter Qualität; Verwendung in Zimmerei, Tischlerei und als Industrieholz
Fortpflanzung Bäume sind getrenntgeschlechtlich (weibliche und männliche Bäume), windbestäubt 
Lebensraum Wald, alpine Lebensräume

 

Mit einer maximalen Höhe von 65 m und einem Umfang von bis zu 12 m ist die Weisstanne der grösste Baum, der in Europa heimisch ist. Die Weisstanne ist an unterschiedlichste Umweltbedingungen angepasst und kann an verschiedenen Orten gut wachsen. In der Schweiz sind die tannenreichsten Wälder im Jura, in Teilen des Mittellandes und den Voralpen zu finden. Auch wenn sie in manchen Regionen wie dem Engadin oder rund um Davos fehlt, ist die Weisstanne die dritthäufigste Baumart in der Schweiz.

Weisstannen im Wald erkennen

Zu erkennen ist die Weisstanne an der hellgrauen, im höheren Alter weissen bis dunkelgrauen, rissigen und schuppenartigen Rinde. Die Nadeln haben eine glänzende dunkelgrüne Oberseite und eine blassgrüne Unterseite mit den charakteristischen weissen Linien. Im Vergleich zur deutlich häufiger vorkommenden Fichte sind ihre Nadeln aber nicht spitz und stechen nicht. Die Weisstanne mit ihrem wohlriechenden Duft gilt als der ursprüngliche Weihnachtsbaum. In den letzten Jahren wurde sie diesbezüglich aber von anderen Nadelbäumen verdrängt.

Weisstannen gegen Naturgefahren

Weisstannen können Menschen weit mehr bieten als eine festliche Dekoration zur Weihnachtszeit. Das grosse Wurzelwerk der Weisstanne hemmt die Bodenerosion und Rutschungen und fördert gleichzeitig auch die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens. Bei Stürmen, in denen andere Bäume umknicken oder entwurzelt werden, wirken Weisstannen als Barrieren, die den Wind abfangen. Andere Arten wie beispielsweise die Fichte profitieren von diesen positiven Eigenschaften und werden durch sie sogar in ihrem eigenen Wachstum gefördert. Das Holz der Weisstanne gilt als dauerhaft und wetterbeständig. Tannenholz wird vor allem für Innen- und Aussenkonstruktionen, für Möbel, für Leitungsstangen und als Papierholz eingesetzt.

Weisstannen in dichten Wäldern

Die Weisstanne ist an schattige Lebensräume angepasst. Selbst wenn Wälder sehr dicht sind, können ihre Samen noch keimen. Auch junge Tannen benötigen bloss wenig Sonnenlicht. Dadurch tragen sie auch in dichten Wäldern zur Verjüngung bei. Trotzdem stehen gerade Jungbäume vor einigen Herausforderungen: Rehe, Gämsen und Hirsche fressen bevorzugt die Triebe von jungen Tannen. Wiederholte Frassschäden beeinträchtigen das Wachstum und können zum Absterben eines Baumes führen. Auch das Auerhuhn, das sich besonders im Winter von den Nadeln und Knospen ernährt, bevorzugt die Weisstanne, jedoch ohne störenden Einfluss.

Bedeutung der Weisstanne

Für strukturierte, möglichst natürliche Wälder sind Weisstannen sehr wichtig. Sie tragen dazu bei, dass Wälder aus Bäumen jeden Alters bestehen. Gleichzeitig fördern sie mit ihren tiefen Wurzeln die Stabilität der Wälder. Mischwälder mit Weisstannen gehören zu den robustesten Waldökosystemen überhaupt. Verschwindet die Weisstanne, hat dies diverse Folgen. Die Waldlandschaft an sich würde sich verändern, Wälder könnten ihre schützende Funktion nur noch eingeschränkt erbringen und viele Tiere (bspw. Rote Waldameisen) würden ihren Lebensraum um, an oder in Weisstannen verlieren. Zudem darf auch der wirtschaftliche Nutzen der Weisstanne nicht unterschätzt werden. In der Holzverarbeitungsindustrie wird das Tannenholz zwar oft weniger geschätzt als Fichte. Es bietet aber viele Vorteile: So hat es keine Harzgänge, ist dauerhafter und wetterbeständiger als Fichtenholz und lässt sich leicht verarbeiten.

Massnahmen für die Weisstanne

Im Hinblick auf den Klimawandel gilt die Weisstanne seit langem als sehr interessante Art. Die milderen Temperaturen steigern die Überlebenswahrscheinlichkeit der frostanfälligen jungen Weisstannen und machen sie konkurrenzfähiger gegenüber der Fichte. Weisstannen reagieren zudem weniger empfindlich auf Trockenheit als Fichten und Buchen. Allerdings haben die letzten Sommer gezeigt, dass auch die Weisstanne bei allzu trockener Witterung leidet: Ein Mix aus trockenen Bedingungen und einem Aufkommen verschiedener Schädlinge hat die Bäume teilweise stark beeinträchtigt. Aktuell laufen ausführliche Tests in Bezug auf die Eignung verschiedener Baumarten und ihrer genetischen Variationen für spezifische Standorte und klimatische Bedingungen. Mit ihnen soll unter anderem geklärt werden, wo die Weisstanne in der Schweiz langfristig ideale Bedingungen hat – und wie sie uns auch in Zukunft erhalten bleibt.

Gefährdungsstatus der Weisstanne

Die Weisstanne gilt zwar als nicht gefährdet, in den letzten 200 Jahren gingen ihre Bestände aber stark zurück. Auch über unsere Landesgrenzen hinaus. Erklären lässt sich der Rückgang vor allem durch folgende Faktoren: Einerseits wurde die Weisstanne übernutzt, andererseits vielerorts durch Fichten ersetzt. Sie reagiert zudem empfindlich auf Luftschadstoffe, die andere Bäume wie die Fichte besser vertragen. Bereits 1830 versuchte man die Tannen durch verschiedenste Massnahmen zu fördern. Davon profitierte aber vor allem die Fichte. Trockenperioden und ein hoher Bestand von Wild wie Rehen sind aktuelle Gründe für den weiteren Rückgang der Weisstanne. In der Schweiz hat das von ihr besiedelte Areal in den letzten 100 Jahren von rund 20 auf 11 Prozent abgenommen.