Braunes Langohr: Schädlingspolizei des Waldes

Das Braune Langohr ist eine Fledermaus, die in vielen Regionen der Schweiz vorkommt. Sie ernährt sich von Kleintieren wie Insekten und Spinnen, von denen sie pro Tag bis zur Hälfte des eigenen Körpergewichtes erbeutet. Mit einem solchen Appetit hat das Braune Langohr das Potenzial, die Populationen von Schädlingen zu regulieren. Doch Nachtbeleuchtungen, Renovationen und der Verlust von alten Bäumen setzen dem nachtaktiven Tier zu.

Artportrait des Braunen Langohrs

Artname

Braunes Langohr (D), Oreillard brun (F), Orecchione comune (I), Plecotus auritus (Lat.)
Ordnung Handflügler (Chiroptera)

Grösse

Kopfrumpflänge 4 bis 5 cm; Flügelspannweite 24 bis 29 cm
Gewicht 6 bis 12 g
Lebenserwartung bis zu 31 Jahre
Aktivitätsfenster Frühling bis Herbst dämmerungs- und nachtaktiv; Winterschlaf
Fortpflanzung 1 bis 2 Junge im Juni/Juli
Ernährung Fleischfresser, speziell Nachtfalter, aber auch andere Gliederfüssler (Insekten, Spinnentiere, Tausendfüssler etc.)
Lebensraum Wald, Tagesquartiere teilweise und Jagdgebiet v.a. in Wäldern, aber auch Obstwiesen, Wochenstuben in Baumhölen und Dachstöcken, Winterquartier in frostsicheren Hohlräumen
Vorkommen in tieferen Lagen vorkommend, jedoch abnehmend (verletzlich)

 

Das Braune Langohr ist eine von drei in der Schweiz vorkommenden Langohrarten, die sich stark ähneln (Geschwisterarten). Dass es seinen Namen berechtigt trägt, ist schon auf den ersten Blick klar: Die Ohren des Braunen Langohrs alleine messen bis zu 4 cm und sind beinahe so lang wie sein Körper. In der Schweiz ist diese Fledermausart vom Flachland bis in die Bergregionen verbreitet. Die Bestände sind jedoch sehr klein und gingen in den letzten Jahren stark zurück.

Tagesquartiere für das Braune Langohr

Das Braune Langohr gehört zu den typischen Waldbewohnern. Diese Fledermäuse schlafen tagsüber versteckt in Höhlen oder Spalten alter Bäume. Sie können aber auch Dachstöcke, Vogelnistkästen oder Fledermauskästen bewohnen. Das Langohr schläft kopfüber. Auf die Jagd nach Beutetieren begibt es sich während der Dämmerung und in der Nacht. Dafür entfernt sich das Braune Langohr meist nur wenige Hundert Meter von seinem Tagesquartier, in seltenen Fällen mehrere Kilometer. Zu den Jagdlebensräumen gehören neben Wäldern auch Kulturlandschaften mit Bäumen wie Obstgärten, Hochhecken und Pärke.

Bestens ausgerüstete Jäger

Zur Orientierung auf der Jagd nutzt das Braune Langohr die von Fledermäusen bekannte Echoortung, dank der es auch kleinste Strukturen und Hindernisse identifizieren kann. Zusätzlich verfügt es über relativ grosse Augen, die ebenfalls bei der Orientierung helfen. Mit den riesigen Ohren werden Krabbelgeräusche der Beutetiere zuverlässig geortet, was es dem Braunen Langohr ermöglicht, diese besser zu finden. Hat die Fledermaus Beute gemacht, zieht sie sich an einen sogenannten Frassplatz zurück, wo sie die Beute in Ruhe verzehrt. Unverdauliche Teile wie Flügel oder der Kopf werden abgebissen und sammeln sich unter dem Frassplatz. Das Braune Langohr frisst nur die weichen, energiehaltigen Beuteteile. 

In den letzten 20 Jahren haben die Lichtemission in der Schweiz um 70 Prozent zugenommen. Nächtliches Licht stört die Fledermaus auf dem Weg ins Jagdgebiet und die lichtscheue Art muss Umwege fliegen.

Fledermäuse halten Schädlinge im Zaum

Für Nachtfalter hat das braune Langohr eine Vorliebe. Dazu gehören auch Arten, die in der Landwirtschaft als Schädlinge auftreten können. Der Futterbedarf kann bei kleinen Fledermausarten wie dem Brauen Langohr in einer Nacht bis zur Hälfte des eigenen Körpergewichts ausmachen. 

Langohren im Winterschlaf

Während der kalten Jahreszeit ziehen sich Braune Langohren in ein frostfreies Winterquartier zurück, vorzugsweise in Höhlen und Schächten. Zu dieser Zeit wird ihr Stoffwechsel auf ein absolutes Minimum reduziert: Zwischen zwei Atemzügen können bis zu 90 Minuten vergehen. Die Herzschlagfrequenz wird von bis zu über 1000 im Wachzustand auf unter ein Dutzend Schläge pro Minute im Winter reduziert. Sobald die Tiere aufwachen, erhöht sich ihr Energieverbrauch massiv. Der Energieverbrauch von bis zu elf Tagen Winterschlaf entspricht demjenigen von einer Stunde im Wachzustand. Störungen, vor allem im Winter, können für die Fledermaus schwerwiegende Folgen haben.

Wirkung der Fledermaus auf die Natur

Das Verschwinden von Fledermäusen wie dem Brauen Langohr kann sich unterschiedlich auswirken. Sie können die Bestände von Gliederfüsslern wie Insekten regulieren, die sich ohne Fledermäuse vervielfachen können. Dies wirkt sich wiederum direkt auf den Menschen aus. So können verschiedene Insekten der Landwirtschaft massiv schaden. Infolgedessen müssen wiederum vermehrt Pestizide eingesetzt werden, mit negativen Folgen für Mensch und Umwelt.

Massnahmen für das Braune Langohr

Wichtig für den Schutz und die Förderung des Braunen Langohrs ist die Erhaltung seiner natürlichen Lebensräume – von alten Bäumen mit Höhlen zu Strukturen wie Hochhecken und Obstgärten. Auch der Schwarzspecht ist auf alte Bäume angewiesen. Wenn er Bruthöhlen anlegt, schafft er dabei gleichzeitig Quartiere für Fledermäuse und andere Waldbewohner. Wo natürliche Tagesquartiere fehlen, jedoch geeignete Jagdlebensräume vorhanden sind, können Fledermäuse auch in Dachstöcken Unterschlupf finden. Der Flugweg vom Tagesquartier ins Jagdgebiet muss nachtdunkel sein. Wer seinen Dachstock umbaut, sollte die Empfehlungen zum Schutz der Fledermäuse berücksichtigen, sonst gehen allenfalls wertvolle Wochenstuben verloren. Fledermauskästen können als Massnahme für das Braune Langohr zwischenzeitlich dazu beitragen, dass ein Gebiet besiedelt wird, bis wieder ausreichend natürliche Baumhöhlen vorhanden sind. Wer eine Aussenbeleuchtung anbringt, sollte darauf achten, dass diese nur gezielt leuchtet und mit einem Bewegungsmelder ausgestattet ist.

Gefährdungsstatus des Braunen Langohrs

Das Braune Langohr wird gemäss Roter Liste der Schweiz als «verletzlich» eingestuft. Aufgrund seiner Gefährdung und der Verantwortung, welche die Schweiz für die Erhaltung dieser Art hat, gilt das Braune Langohr als «national prioritäre Art». Verschiedene Entwicklungen der letzten Jahrzehnte führten zu diversen Problemen für diese Fledermausart: Die Intensivierung der Landschaft zerstörte wichtige Strukturen wie Hecken, Feldgehölze, Obstgärten, Altholz mit Baumhöhlen und Totholzbestände. Damit einhergehend gingen Futterquellen, Tagesquartiere sowie Flugkorridore verloren. Unsachgemässe Renovationen von Dachstöcken können ebenfalls dazu führen, dass Tagesquartiere verloren gehen. Eine weitere Gefahr stellen Störungen während der Winterruhe dar. Langohren kommen fast ausschliesslich in nachtdunklen Lebensräumen vor. Sie reagieren sehr empfindlich auf Lichtverschmutzung. Vermutlich haben auch Pestizide negative Einflüsse auf die Bestände der Langohren.