Eurasischer Luchs: Wildjäger im Wald

Der Eurasische Luchs ist die grösste Raubkatze Europas. Auf seinem Speiseplan stehen vorwiegend kleine Paarhufer wie Rehe oder Gämsen. Er kann ihre Bestände und ihr Verhalten beeinflussen und damit den Verbiss an jungen Bäumen reduzieren. So kann der Luchs indirekt zur Verjüngung des Waldes und einer positiven Waldentwicklung beitragen. 

Artportrait des Luchses

Artname

Eurasischer Luchs (D), Lynx eurasien (F), Lince eurasiatica (I), Lynx lynx (Lat.)
Familie Katzen (Felidae)
Grösse Schulterhöhe 50 bis 60 cm
Gewicht 17 bis 26 kg
Aktivitätsfenster dämmerungs- und nachtaktiv
Soziale Struktur Einzelgänger ausser in der Paarungszeit und Weibchen mit Jungtieren; mittlere Territoriengrösse von Weibchen 90 km2 und von Männchen 150 km2, in Extremfällen 40 bis 400 km2; Überlappung der Reviere bei gleichgeschlechtlichen Artgenossen wird nicht toleriert

Wurfgrösse

1 bis 4 Junge (im Durchschnitt 2), während 10 Monaten von Mutter geführt
Ernährung Fleischfresser (Hauptbeutetiere mit rund 80 % der Nahrung sind Rehe und Gämsen – 50 bis 60 Tiere pro Luchs und Jahr; selten Füchse, Hasen, Murmeltiere oder Kleinsäuger; sehr selten Nutz- oder Haustiere)

 

Der Eurasische Luchs ist der grösste europäische Vertreter der Katzen. Früher war der Luchs in der Schweiz und ganz Europa weit verbreitet. Da aber vielerorts Wälder abgeholzt wurden, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen, verkleinerte sich sein Lebensraum laufend. Schliesslich starb er aus – einerseits, weil Luchse systematisch bejagt wurden, andererseits wegen der fast gänzlichen  Ausrottung ihrer natürlichen Beutetiere durch eine starke Bejagung im 19. Jahrhundert. Zur selben Zeit wurden die Luchse in ganz Zentral- und Westeuropa ausgerottet. 

Wiederansiedlung des Luchses

Ein Beschluss des Bundesrats von 1967 führte zu seiner Rückkehr. Die ersten Luchse wurden im Jahr 1971 im Kanton Obwalden wiederangesiedelt. Ihre Bestände haben sich seither positiv entwickelt, sind aber noch nicht langfristig überlebensfähig: Heute leben rund 230 selbstständige Luchse in der Schweiz, rund 170 in den Voralpen und Alpen, der Rest in den Jurawäldern. Um die Bestände der scheuen Tiere zu überwachen, werden hauptsächlich Fotofallen verwendet.

Luchse jagen grossflächig

Luchse benötigen ein grosses Revier. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Weibchen beanspruchen mit einem durchschnittlichen Revier von 90 km2 ein wesentlich kleineres Territorium als die Männchen mit 150 km2. Der Luchs übernimmt als Raubtier eine wichtige Rolle in diesem grossflächigen Ökosystem. Als Jäger von kleinen Paarhufern wie Rehen oder Gämsen kann er deren Bestand, Verhalten und räumliche Verteilung beeinflussen. So kann der Verbiss an jungen Bäumen reduziert werden. Dies wiederum fördert die Verjüngung des Waldes. 

Bedeutung des Luchses

Der Luchs übernimmt in Wäldern eine regulatorische Funktion – besonders in Bezug auf seine Hauptbeutetiere, Rehe und Gämsen. Es ist wahrscheinlich, dass durch die Anwesenheit von Luchsen weniger Schutzmassnahmen für junge Bäume ergriffen werden müssen. Die Weisstanne oder die Eiche beispielsweise leiden besonders unter dem Verbiss durch Rehe. Ohne Grossraubtiere wie den Luchs müssen die Populationen dieser Paarhufer zudem verstärkt durch die Jagd reguliert werden.

Massnahmen für Luchse

Damit Luchse langfristig überleben können, muss ihre Verbreitung gefördert werden. Gleichzeitig braucht es eine bessere Vernetzung der einzelnen Bestände. Für den Schutz und das Management wird in mehreren Referenzgebieten der Schweiz das Vorkommen der Luchse regelmässig mit Fotofallen beobachtet. Das Konzept Luchs, das erstmals im Jahr 2004 (aktuelle Version 2016) vom Bundesamt für Umwelt veröffentlicht wurde, dient als Leitfaden für das Luchsmanagement: vom Monitoring und dem Schutz der Luchse bis zur Regelung von Massnahmen im Schadenfall. Bei hohen Luchsdichten oder in Einzelfällen auch bei auf Nutztiere spezialisierten Luchsen können die Kantone regulierende Eingriffe vornehmen. Die Regulation der Luchspopulation ist an mehrere Bedingungen geknüpft, was im Konzept Luchs genau ausgeführt ist. Die Schäden an Kleinvieh halten sich in Grenzen. Seit 2014 haben Luchse pro Jahr zwischen 23 und 86 Nutztiere gerissen. Verglichen mit den rund 4200 Schafen, die jeweils in einem Alpsommer durch Krankheiten, Blitz- oder Steinschlag sterben, ist diese Zahl aber sehr klein. Nachweislich durch den Luchs gerissene Nutztiere werden von Bund (80 %) und Kanton (20 %) entschädigt.

Gefährdungsstatus des Luchses

Der Luchs ist als einheimische Art in der Schweiz durch das eidgenössische Jagdgesetz geschützt. Die Bestände in der Schweiz sind heute höher als in den Nachbarländern. So kommt den Schweizer Luchsen eine besondere Bedeutung zu, denn gesamthaft betrachtet ist die Art heute noch nicht langfristig überlebensfähig. Viele mögliche Lebensräume sind wegen einer unzureichenden Vernetzung noch nicht besiedelt. Auch der Austausch zwischen Einzeltieren in unterschiedlichen bereits besiedelten Gebieten ist deswegen eingeschränkt. Die Isolation kleinerer Subpopulationen wirkt sich negativ auf deren genetische Vielfalt aus. Als Raubtier ist der Luchs zudem nicht bei allen willkommen, nach wie vor wird er illegal getötet. Konflikte bestehen vor allem in der Konkurrenz zwischen Luchs und Jäger um geteilte Beute und in geringerem Ausmass durch das Reissen von Nutztieren.