Eurasisches Eichhörnchen: Akrobat des Waldes

Damit sie auch im Winter genügend zu essen haben, legen Eichhörnchen Vorräte in Baumhöhlen und im Boden an. Einmal verstaut, werden Nüsse und andere Baumfrüchte aber nicht immer wiedergefunden. So tragen Eichhörnchen zur Samenverbreitung und Verjüngung von Wäldern bei. Für Beutegreifer wie Habicht oder Baummarder sind Eichhörnchen beliebte Nahrung.

Artportrait des Eichhörnchens

Artname

(Eurasisches) Eichhörnchen (D), Écureuil roux ou écureuil d'Eurasie (F), Scoiattolo comune (I), Sciurus vulgaris (Lat.)
Ordnung Nagetiere (Rodentia)

Grösse

25 bis 30 cm Körperlänge ohne Schwanz; Schwanz circa 20 cm, Gewicht 300 bis 500 g
Fortpflanzung bis zu 2 Würfe pro Jahr mit 2 bis 5 Jungen pro Wurf
Entwicklung Jungtiere Die Jungen kommen nackt und blind zur Welt. Sie werden 8 Wochen gesäugt und bleiben so lange im Nest
Aktivitätsfenster tagaktiv, ganzjährig

Ernährung

Allesfresser (Nüsse, Samen, Beeren, Obst, frische Triebe aber auch Jungvögel, Eier oder Pilze)
Lebensraum Wald, urbane Lebensräume

 

Das Eurasische Eichhörnchen ist in der Schweiz weit verbreitet und kommt in Lagen bis zu 2000 m ü. M. vor. Oft wird es auch Rotes Eichhörnchen oder einfach Eichhörnchen genannt. In Europa ist es der einzige Vertreter seiner Gattung, die weltweit 190 Arten umfasst. Eichhörnchen sind typische Waldbewohner. Deswegen hängt ihr Vorkommen stark von der Art der Wälder und deren Nahrungsangebot ab. Besonders gerne essen sie Nüsse, die Früchte der Buche (Bucheckern) oder die Samen der Fichte. Dank starker Hinterbeine und ihrem buschigen Schwanz sind sie bestens an das Klettern und Springen durch Wälder angepasst. Ihren Schwanz benutzen Eichhörnchen daneben auch als eine Art «Decke», mit der sie sich in ihren Nestern aufwärmen. 

Eichhörnchen in diversen Farben

Die Färbung der Eichhörnchen in der Schweiz ist sehr unterschiedlich. Neben roten Tieren sind auch solche mit brauner, grauer oder schwarzer Färbung zu finden. Sie alle haben aber einen weiss gefärbten Bauch. Die Fellfarbe variiert nicht nur von Eichhörnchen zu Eichhörnchen, sondern auch je nach Jahreszeit. So ist das Winterfell kürzer, dicker und dichter mit einem grösseren Grauanteil. Besonders dann werden einheimische Eichhörnchen oft für das aus Nordamerika stammende und invasive Grauhörnchen gehalten. Bisher wurden in der Schweiz aber noch keine Grauhörnchen gesichtet. Grauhörnchen sind jedoch eine grosse Gefahr für einheimische Eichhörnchen. Sollten Sie unsicher sein, ob es sich um ein Eich- oder Grauhörnchen handelt, können Sie dies mit der App «Webfauna» leicht überprüfen. Ein Merkmal, an dem sich beide Arten unterscheiden lassen, sind Haarbüschel an den Ohren – Grauhörnchen haben keine.

Eichhörnchen und ihre Schätze

Von Natur aus sind Eichhörnchen Einzelgänger. Dabei gibt es zwei Ausnahmen: Während der Paarungszeit finden sie sich zeitweise in Pärchen zusammen, daneben gibt es in Parks teilweise auch grössere Gruppen, da diese regelmässig gefüttert werden. Ihre Nahrung lagern Eichhörnchen in Baumhöhlen oder unterirdisch in Depots, meist in Wurzelnähe. Diese Nahrungslager werden mit den Vorderpfoten ausgehoben und anschliessend wieder zugedeckt. Auch andere Tiere wie Mäuse und Vögel profitieren von ihnen. Eichelhäher beispielsweise beobachten Eichhörnchen gerne beim Anlegen ihrer Depots, um diese später zu plündern. Deswegen legen Eichhörnchen teilweise auch leere Depots an, die Diebe von den gefüllten ablenken sollen.

Fressfeinde der Eichhörnchen

Das Leben in Wäldern ist für Eichhörnchen auch mit vielen Gefahren verbunden: Sie dienen einigen Beutegreifern als Nahrungsquelle. Der Habicht beispielsweise ist sehr gut an die Jagd im Wald angepasst und während der Wintermonate der schlimmste Feind der Eichhörnchen. Ebenfalls bedroht werden sie durch Baummarder und Rabenkrähen, wobei letztere nur für Jungtiere gefährlich sind. Auf die Populationsgrösse der Eichhörnchen haben Feinde jedoch bloss einen kleinen Einfluss. Deutlich häufiger sterben Eichhörnchen wegen Nahrungsmangel.

Wälder ohne Eichhörnchen

Wie jede Art hat auch das Eichhörnchen seine Rolle im Ökosystem. Durch das Anlegen von mit Samen und Baumfrüchten gefüllten Depots, welche teilweise nicht wiedergefunden werden, tragen Eichhörnchen zur Samenverbreitung und damit zur Verjüngung des Waldes bei. Beutegreifer ernähren sich teilweise von Eichhörnchen. Verschwinden die Eichhörnchen, so werden diese Beziehungen und damit das Ökosystem gestört.

Massnahmen für Eichhörnchen

Eichhörnchen brauchen alte Bäume und naturbelassene Rückzugszonen, ähnlich wie das Auerhuhn oder der Schwarzspecht. Sie beanspruchen sehr grosse Territorien bis zu mehreren Hektaren und sind deshalb auf grosse, zusammenhängende oder vernetzte Wälder angewiesen. Eichhörnchen benötigen zudem energiereiche Baumfrüchte und Nüsse, über die nur ältere Bäume verfügen. Aus diesem Grund bildet ein Waldmanagement, das standortgerechte Mischwälder mit vielen unterschiedlichen Arten, alten Bäumen und besonders die Vernetzung dieser Lebensräume fördert, die Grundlage für eine gesunde Eichhörnchenpopulation. Um sie langfristig zu erhalten, sind Eichhörnchen zudem eine geschützte Tierart, die nicht gejagt werden darf.

Gefährdungsstatus des Eichhörnchens

Eichhörnchen gelten als nicht gefährdet, ihre Populationen schrumpften über die vergangenen Jahrzehnte aber deutlich. Der optimale Lebensraum für Eichhörnchen sind Mischwälder mit engem Kronenschluss und einer dichten Strauchschicht. Sind Wälder durch Strassen stark unterteilt oder verfügen sie über wenig Unterholz, sind sie für Eichhörnchen kaum bewohnbar. Ausreichend Nahrung ist auch besonders wichtig: Samen aus Fichtenzapfen werden beispielsweise nur von mindestens zehn Jahre alten Bäumen getragen – und dies auch nur unregelmässig. Ist ein Wald in Bezug auf die Baumarten und das Baumalter zu eintönig, kann es zu Nahrungsengpässen kommen. Ein weiteres Problem stellen Parasiten dar, die scheinbar durch den Klimawandel begünstigt werden: Heute sind schon Jungtiere oft stark von Zecken, Milben, Flöhen und Würmern befallen. Ebenfalls bedroht werden sie durch die Ausbreitung des in Europa invasiven Grauhörnchens, das ursprünglich aus Nordamerika stammt. Es kommt immer wieder zur Übertragung der Eichhörnchen-Pocken von Grauhörnchen auf einheimische Eichhörnchen. In England hat sich dieser Virus weit ausgebreitet, was zu einer starken Verkleinerung der Bestände des Roten Eichhörnchens führte. In der Schweiz soll dies vermieden werden. Das Grauhörnchen ist zudem grösser, schwerer sowie aggressiver und besser dazu in der Lage, Nahrungslager wiederzufinden. Sie können so die Roten Eichhörnchen verdrängen.