Auerhuhn: Waldbewohner mit hohen Ansprüchen

Das Auerhuhn ist in der Schweiz ein sehr seltener Waldbewohner geworden. Die Gründe dafür liegen unter anderem in den hohen Ansprüchen dieser Tierart an ihren Lebensraum: genügend Sonne, ein stark strukturierter Wald mit Nadelbäumen, Schlaf- und Sitzbäumen und einer Strauchschicht. Zudem reagieren sie sehr empfindlich auf Störungen, insbesondere durch Menschen. Werden Lebensräume für das Auerhuhn aufgewertet, fördert dies gleichzeitig viele andere Arten.

Artportrait des Auerhuhns

Artname

Auerhuhn (D), Grand Tétras (F), Gallo cedrone (I), Tetrao urogallus (Lat.)
Ordnung Hühnervögel (Galliformes)

Grösse

Körpergrösse 60 bis 87 cm; Flügelspannweite 87 bis 125 cm, Gewicht 1,5 bis 4,4 kg
Soziale Struktur in losen Kleingruppen mit bis zu 10 Individuen
Gelegegrösse 7 bis 11 Eier einmal pro Jahr
Brutdauer 24 bis 26 Tage
Nest Bodenbrüter
Nestlingsdauer 14 bis 21 Tage
Brutpflege wird nur von den Hennen betrieben
Lebenserwartung teilweise über 9 Jahre  
Ernährung hauptsächlich Pflanzen und Beeren, gelegentlich Ameisen, Spinnen oder Schnecken
Lebensraum Nadelwälder, alpine Lebensräume
Status selten und stark gefährdet (oder spärlich brütender Jahresvogel), in der Schweiz 360 – 470 Männchen, seit Jahrzehnten in Mitteleuropa abnehmende Bestände

 

Das Auerhuhn gehört zur Familie der Fasanenartigen. Es ist vorwiegend in den Wäldern von Nordeuropa bis Zentralsibirien zu Hause. In der Schweiz kommt das Auerhuhn hauptsächlich in Höhenlagen zwischen 1000 und 2000 m vor: in den nördlichen Voralpen, den Zentralalpen Graubündens und im westlichen Jura. Das Auerhuhn hat hohe Ansprüche an seinen Lebensraum. Es braucht eine gut ausgebildete, aber nicht zu dichte Krautschicht in strukturreichen und von Lichtungen durchzogenen Wäldern. In diesen müssen zudem viele Nadelbäume wachsen. Das Auerhuhn gilt als sogenannte Schirmart, da sein bevorzugter Lebensraum auch für eine Vielzahl anderer Arten ideal ist. Massnahmen, die das Auerhuhn fördern, helfen somit auch vielen weiteren Tier-, Pflanzen- und Pilzarten.

Auerhähne und Auerhühner

Wie bei vielen Vögeln gibt es auch beim Auerhuhn grosse Unterschiede zwischen Weibchen (Henne) und Männchen (Hahn). Dies betrifft einerseits das Erscheinungsbild, denn Männchen haben ein viel auffälligeres Federkleid. Andererseits gibt es auch deutliche Grössenunterschiede: Hennen sind rund ein Drittel kleiner als die Hähne. Sehr beeindruckend ist das Paarungsverhalten dieser Vogelart. Dabei balzen Hähne in einer sogenannten Arena mit anderen Hähnen und versuchen so, die Henne für sich zu gewinnen. Der Hahn stolziert mit gefächertem Schwanz, gesenkten Flügeln, gesträubten Bartfedern und hochgestrecktem Hals auf der Arena umher. Der Balzgesang beginnt mit dem «Knappen», das sich zum «Hauptschlag» steigert und mit dem «Wetzen» endet.

Samenverbreitung durch das Auerhuhn

Auerhühner ernähren sich hauptsächlich von Pflanzen - Heidelbeeren sind äusserst beliebt. Daneben stehen insbesondere bei der Aufzucht der Jungen auch Tiere wie Ameisen oder Spinnen auf ihrem Speiseplan. Mit ihrer pflanzlichen Nahrung nehmen Auerhühner auch Samen auf. Diese werden über den Kot wieder ausgeschieden und so im Lebensraum verteilt. Im Gegensatz zu vielen anderen Tieren, die Samen aufnehmen und wieder ausscheiden, haben jene des Auerhuhns eine hohe Keimrate. Viele der Samen wachsen also zu neuen Pflanzen heran. Dadurch trägt das Auerhuhn zur Verbreitung verschiedener Pflanzenarten bei.

Aktuelle Verbreitung und Zustand der Populationen

Die aktuelle Schätzung des gesamtschweizerischen Auerhuhn-Bestands, vorgenommen für den neuen Schweizer Brutvogelatlas der Vogelwarte Sempach (Knaus et al. 2018), beträgt 380 bis 480 Hähne. Verglichen mit der Schätzung von 450 bis 500 Hähnen im Jahr 2001 ergibt das einen leichten Rückgang um 4 bis 15 Prozent. Allerdings verlief die Entwicklung regional sehr unterschiedlich. In den Kerngebieten, insbesondere in den nördlichen Voralpen und den Zentralalpen Graubündens, sind die Verbreitung und die Bestände stabil. In den Randgebieten, speziell im Jura, nehmen die Bestände weiterhin ab.

Empfindlich auf Störungen

Der Bestand des Auerhuhns in der Schweiz ist bedroht. Die Hauptursache dafür ist der Verlust von hochwertigen und vielseitigen Lebensräumen. Das Auerhuhn ist sehr störungsempfindlich. Die Nester des Auerhuhns sind am Boden und nicht selten in der Nähe von Wanderwegen, wo Wanderer, Biker und Hunde die Aufzucht stören. Werden keine wirkungsvollen Massnahmen ergriffen, verschwinden nicht nur die restlichen Bestände des Auerhuhns. Auch viele andere Arten, die auf ein ähnliches Habitat angewiesen sind, leiden darunter. Deshalb müssen die bisherigen Anstrengungen zur Förderung des Auerhuhns in den Kerngebieten weitergeführt und in den Randbereichen gezielt verstärkt werden.

Massnahmen für das Auerhuhn

Um das Auerhuhn zu fördern, sind auf mehreren Ebenen Massnahmen nötig. Das BAFU hat dazu 2008 den «Aktionsplan Auerhuhn Schweiz» zum Schutz und zur Förderung des Auerhuhns publiziert. Besonders wichtig ist ein Waldmanagement, das mit Holzschlägen Lichtungen schafft und gleichzeitig ungestörte Rückzugsgebiete sichert. Daneben sollte der Ausbau von Infrastrukturen im Einzugsgebiet des Auerhuhns auf ein Minimum reduziert werden: Dies betrifft beispielsweise Strassen, Windenergieanlagen, aber auch Wander- oder Fahrradwege sowie Skigebiete. Wir alle können einen Beitrag für das Auerhuhn leisten: Skipisten bzw. Wanderwege sollten nicht verlassen werden, damit die Tiere ungestörte Rückzugsgebiete vorfinden. Auf Stress durch den Menschen reagiert das Auerhuhn sehr empfindlich.

Gefährdungsstatus des Auerhuhns

Das Auerhuhn wird auf der Roten Liste der Schweiz als stark gefährdet geführt. Aufgrund dieser Gefährdung und der Verantwortung, die die Schweiz gegenüber dieser Art hat, zählt das Auerhuhn zu den „national prioritären Arten“. Die hohen Ansprüche an den Lebensraum, aber auch die starke Anfälligkeit gegenüber Störungen haben dazu geführt, dass das Auerhuhn immer seltener geworden ist. Besonders im Winter sind die Tiere sehr störungsanfällig, da die Nahrung knapp ist und sie durch Stress wegen Störungen von Wintersportlern viel Energie verlieren. Dichte Wälder sowie Störungen durch Wanderer und Mountainbiker im Sommer haben zugenommen und wirken sich negativ auf das Auerhuhn aus.